Gamification- mehr als nur Spiele im Unterricht?

Spielerisch zu unterrichten ist ein altbekanntes Konzept. In jedem Lehrwerk sind auch Spiele zur Festigung von Strukturen, Wortschatz oder Grammatik. Was ist denn aber nun "Gamification" und was verspricht man sich davon?

Als kurze Erklärung kann man sagen, dass „Gamification“ bedeutet, die Spieldynamik in spielfremde Situationen einzuführen.

Dies wird seit Jahren in Firmen eingesetzt, um die Arbeitnehmer zu motivieren, aber auch, damit die Käufer oder Nutzer einer Dienstleistung derselben treu bleiben. Wir bekommen zum Beispiel Punkte, die wir für verschiedene Güter umtauschen können, wenn wir mit der Kreditkarte kaufen, wenn wir Benzin tanken, wenn wir mit einer bestimmten Fluglinie fliegen usw. Je nachdem, wie viele Punkte wir haben, können wir im Niveau steigen und man bekommt dann wiederum Preise und Belohnungen.

 

Elemente, die zur Spieldynamik gehören, sind:

·    Fortschrittanzeigen

·    Ranglisten

·    Quests (Aufgaben)

·    Transparenz (man soll vorher wissen, was man für eine Aktion bekommt)

·     Rückmeldung (Punkte)

·    „Epic meaning“ (tieferen Sinn)

·    Gruppenarbeit

 

Es müssen natürlich nicht alle Elemente vorhanden sein, doch je mehr davon eingesetzt werden, desto spannender wird das Spiel.

Was verspricht man sich aber hiervon? Man erwartet, dass die Teilnehmer engagierter an die Aufgabe herangehen, dass die Motivation, eine Aufgabe zu verrichten steigt und dies dazu beiträgt, einen Lernerfolg zu erleben. Man wünscht sich auch eine Verhaltensänderung.

 

Stellen wir uns vor, dass wir in unseren Klassen für gewöhnlich am Ende der Woche in Gruppen spielen und das wir dafür das Grammatik-Thema der Woche als Grundlage benutzen. Wir erwarten, dass die Schüler sich dann während der Woche die Zeit nehmen, diese Phänomene zu lernen, damit sie am Ende der Woche bessere Chancen haben, das Spiel zu gewinnen.

Man sollte trotzdem Elemente einfügen, so dass man auch mit etwas Glück Punkte gewinnt, damit es am Ende nicht nur um bessere Leistungen geht. Die Art, wie man die Spiele und die Punkteverleihung organisiert, trägt auch dazu bei.

Man kann die Schüler in Gruppen organisieren und die Punkte dem Team zuordnen, damit man Teamgeist belohnt. Es ist auch denkbar, Punkte zu verleihen, wenn ein Team dem anderen hilft usw. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.

 

Sehr oft nimmt man an, dass „Gamification“ nur digital sein kann. Das stimmt keineswegs. Es stimmt, dass es einen ganzen Bereich des „Edutainments“ gibt, weil man viele Elemente der Spiele aufnehmen kann und sie einfacher und schneller (bunter und sehr oft billiger) einsetzen kann. Doch ich kann mit meiner Gruppe genauso gut die Punkte an die Tafel schreiben oder auf einem Plakat, die Spiele mit Brettspielen organisieren und auch „Badges“ (Abzeichen) verleihen.

 

Idealerweise kann man den ganzen Unterricht gamifizieren. Das kann man analog machen, oder eine App, die zum Klassenmanagment dient, nutzen. 

Klassenmanagment

Class Dojo

Mit Class Dojo kann man die Anwesenheit schnell überprüfen und hat eine Werkzeugskiste mit einem Timer, einem Geräuschmesser, einer Taste, um Gruppen zu bilden, und weiteres.

Man kann den Schülern Feedback geben und Punkte für positives Verhalten verleihen.

 

Außerdem gibt es die „Klassengeschichte“, wo man als Lehrer alles dokumentieren kann, was im Unterricht passiert und „Portfolios“, damit jeder Schüler seine besten/ liebsten Aufgaben dokumentieren kann. Man kann den Eltern schnell Nachrichten schicken und diese können die Arbeiten der Klasse und ihrer Kinder einsehen.

 

Classcraft

Classcraft ist komplizierter aufgebaut. Die Schüler arbeiten in Gruppen von mindestens 3 Schülern. Jede Gruppe muss eines der Charaktere im Spiel haben (Heiler, Magier oder Krieger), denn jeder besitzt verschiedene Kräfte. Genauere Informationen kann man in verschiedenen Foren bekommen  und Tutorials


Von der Optik der Seiten finde ich Class Dojo eher für Gruppen bis zur 4. Klasse geeignet, und Classcraft ab der 5. In beiden kann man mit den Eltern kommunizieren und sie können den Fortschritt ihrer Kinder sehen. 

Analoge Spiele

Brettspiele

Spielfelder und Würfel sind eine einfache Form, ein Spiel zu organisieren. Ich habe viele Jahre freitags eine Stunde mit meinen Schülern gespielt. Sie bekamen ein Spielfeld, auf dem einige Felder grün oder gelb markiert waren. Wenn sie auf die grünen Felder kamen, mussten sie eine Karte ziehen und die Aufgabe lösen. Einige dieser Aufgaben waren Verben konjugieren, Sätze ins Perfekt setzen, Uhrzeiten wiederholen, usw. Kamen sie auf ein gelbes Feld, mussten sie zum vorigen gelben Feld zurückgehen. Die Karten hatten die Lösung dabei, so dass die Mitspieler kontrollieren konnten, ob die Antworten richtig oder falsch waren.

Break-Out-Box

Voriges Jahr habe ich diese Boxen gebastelt, in der ich etwas versteckt habe. Um die Zahlenkombination herauszufinden, mussten sie in Gruppen verschiedene Aufgaben lösen. Wenn sie richtig waren, bekamen sie ein Rätsel, dessen Antwort eine der Zahlen der Schlösser war. Ich habe 4 verschiedene Rätselsorten gemacht. Die erste Lösung war in Morse- Code, die zweite mussten sie mit einer roten Brille finden, die dritte mit einer UV- Lampe und die letzte Antwort war im Cäsar- Code verschlüsselt.

 

Das hat den Schülern sehr viel Spaß gemacht. Es ist nur einmal aufwendig gewesen, als ich das Material gebastelt habe, denn danach habe ich die gleichen Aufgaben wie immer benutzt. Im Endeffekt ist es eigentlich eine Stationenarbeit gewesen, die mit einem spielerischen Faktor aufgepeppt wurde. Doch das hat die Arbeit der Schüler vollkommen geändert. 

Kaboom!

Zur Festigung eines Themas kann man Kaboom! spielen. Kaboom! ist ein unendliches Spiel, das man zu jedem Thema einsetzen kann. 

Die Idee habe ich in Pinterest gefunden  auf der Seite von Jillian Starr.

Das Spiel geht so:

ein Spieler zieht ein Stäbchen. Darauf steht z. B. ein Verb im Infinitiv. Dieser Schüler muss einen Satz im Perfekt mit diesem Verb sagen.

Ist der Satz richtig, dann darf er das Stäbchen behalten, ist er falsch, kommt das Stäbchen wieder in die Dose zurück.

 

Falls auf dem Stäbchen Kaboom! steht, muss der Spieler ALLE Stäbchen, die er hat, zurück in die Dose tun. Alle Schüler hatten großen Spaß daran.


Bekannte Apps

LearningApps


LearningApps .org
 kommt aus der Schweiz. Es ist sehr einfach, Aufgaben zu erstellen. Man kann auch vorhandene nutzen, Klassen mit Schüler- Accounts machen und es macht den Kindern Spaß. Vor allem das Spiel der Pferdelaufbahn, wo Schüler gegeneinander spielen können, macht ihnen Spaß! Da wegen der Corona- Krise aber viele Spiele hier erstellten, haben sie diese Möglichkeit für eine Zeitlang ausgeschaltet. Wenn sie wieder verfügbar ist, solltet ihr sie auf jeden Fall ausprobieren.

Quizlet

Quizlet ist ein Werkzeug, um Wortschatz zu lernen. Ich habe es aber auch zur Übung der Konjugation eingesetzt. 

Hier ist ein Beispiel.

Es ist wichtig, dass man die Reihenfolge wenigstens einmal respektiert, d.h., dass man sich zuerst die Karteikarten anschaut, lernt, Fragen beantwortet, die Wörter richtig schreibt und ggf. testet. Viele Schüler wollen gleich die Spiele ausprobieren, was nachvollziehbar ist, doch man muss nicht vergessen, dass alle Aktivitäten einen Lernzuwachs ermöglichen sollen. 

 

Wenn man bezahlt, kann man eigene Bilder und Audios einfügen, sowie das Spiel im Live- Modus spielen. Das Spiel ist sehr interessant, kann aber auch laut werden. 

Kahoot

Mit Kahoot! kann man eine nette Aufwärmphase machen, sowie einen Transfer der gelernten Themen. Man kann in Teams arbeiten oder ein „Challenge“ machen. Diese Funktion ist sehr gut für den Fernunterricht.

In der kostenlosen Version kann man ein Quiz und Richtig/ Falsch Übungen machen.

 

Im Upgrade gibt es noch andere Übungen. Man kann ganze Antworten hineintippen, ein Puzzle lösen, man kann aber auch Umfragen oder eine Präsentation erstellen. 

 


Weitere Apps

Genial.ly

Genial.ly ist einfach genial!

Man kann interaktive Bilder gestalten, Spiele, Plakate aber auch Breakout- Spiele. Es gibt eine ganze Reihe Spiele, die man einsetzen, kann.

Die kostenlose Version ermöglicht einige der Vorlagen zu benutzen. Man muss immer wieder hineinschauen, denn die ändern sich schnell. Es gibt jetzt über 20 kostenlose Vorlagen, um Spiele zu gestalten. Ich habe mehrere Break-out- Spiele gemacht.

Die Vorlagen kann man verändern und je nach Bedarf Seiten und Elemente hinzufügen oder löschen.

 

Da ich diese Seite liebe, habe ich letztes Jahr die EDU- Lizenz für ein Jahr erworben. Das ist eine Seite, die so viel bietet, dass die Schulen sich überlegen sollten, ob es sich lohnt, eine Schullizenz zu kaufen.

Goosechase

Goosechase ist eine Art Schnitzeljagd. Man kann ein Spiel für eine beliebige Zeitspanne erstellen. Man kann von den Schülern verschiedene Aufgaben erbitten, die sie einreichen müssen. Man kann sie auch moderieren, so dass nicht geeignete Arbeiten keine Punkte einbringen oder tolle Arbeiten Extra- Punkte erreichen.

 

Es gibt auch einen Edu- Plan mit einer kostenlosen Version. In dieser Version kann man nur in Teams bis zu fünf Mitspielern spielen. Insgesamt können 25 Schüler spielen. Da man die Zeitspanne selbst stellen kann, ist es sogar möglich, wenn die Schüler mit ihren Handys oder Tablets arbeiten, eine kleine Phase von 5 bis 10 Minuten einzusetzen, in denen sie etwas machen müssen. 

Learning Snacks

Learning Snacks sind kleine Häppchen Wissen. Sie sind sehr einfach zu erstellen und zu teilen. Es besteht die Möglichkeit, ein Klassenzimmer zu erstellen und auch Schüler können die Aufgabe bekommen, einen solchen Snack zu erstellen. Man kann auch vorhandene benutzen.


H5P.org

UPDATE: Leider stehen zur Zeit nur noch 7 verschiedene Übungsmöglichkeiten. Man kann für 30 Tage die bezahlte Version prüfen, ansonsten muss man zahlen. Es ist leider eine sehr teure Option. Man kann aber weiterhin diese 7 Optionen frei nutzen. Schulen können vielleicht eine Lizenz bezahlen, doch für Privatpersonen ist sie unerschwinglich.

Sehr interessant ist auch diese Seite  Man kann Spiele erstellen und Material für den Unterricht, wie interaktive Videos. Diese Seite ist kostenlos, doch man kann zu Seite H5P.com wechseln, der bezahlten Version. Es ist nicht SEHR einfach Material zu erstellen, aber auch nicht ZU kompliziert. Es gibt Übungen und Spiele, die man vielleicht einfacher mit LearningApps machen kann. Man kann auch viele Tutorials zu dieser Seite finden und einige Plattformen haben den Plugin schon vorinstalliert, so dass man von der Plattform selbst gleich das Material erstellen kann. Auf jeden Fall sollte man sich diese Seite anschauen.

Goethe- Institut

Das Goethe- Institut bietet auch einige Spiele an. Man kann sie hier finden. 

Es gibt auch Spiele für Android und Mac. Unter der Reihe "Lernabenteuer Deutsch" findet man 2 Lesespiele: "Das Geheimnis der Himmelsscheibe" und "Ein rätselhafter Auftrag"

UNHCR

Die UNHCR hat als Aufgabe, die Menschenrechte der Flüchtlinge zu beschützen.

Zum Thema Flüchtlinge hat man diese Option für die Oberstufe, das von der UNHCR veröffentlicht wurde.